Immer wieder bemerke ich in Erstgesprächen eine große Unsicherheit darüber, wie eine Psychotherapie – in meinem Fall konkret eine Verhaltenstherapie – in etwa ablaufen kann. Manche verstehen die Therapie als Aneinanderreihung von Gesprächen, bei denen die jeweils aktuelle Befindlichkeit besprochen wird. Es erscheint mir wichtig zu verstehen, dass eine psychotherapeutische Behandlung in Phasen abläuft, die aufeinander aufbauen und teilweise parallel verlaufen können. Das bedeutet, dass zwar ein gewisser Raum bleibt aktuelle Ereignisse und Stimmungen zu besprechen, grundsätzlich der/die Therapeut/in aber einem bestimmten, fortlaufenden Prozess beziehungsweise Behandlungsplan folgt.
Erstgespräch: Das Erstgespräch dient dem gegenseitigen Kennenlernen, der ersten Besprechung des Anliegens, der Abklärung der Rahmenbedingungen (Setting, Termingestaltung, Absageregelung, Honorar, Verschwiegenheit usw.) sowie offenen Fragestellungen. Ein Erstgespräch ist grundsätzlich für beide Seiten unverbindlich – erst danach wird entschieden, ob man sich auf eine gemeinsame Zusammenarbeit einlassen möchte.
Diagnostische Phase / Problem- und Verhaltensanalyse: In dieser Therapiephase, die eine oder auch mehrere Sitzungen umfassen kann, geht es um die genaue Analyse der Problemstellung, das Einleiten erster Klärungsprozesse und um ein umfassendes Verständnis der Zusammenhänge sowohl auf Therapeut:innen- als auch auf Klient*innenseite. Je nach Komplexität der Angelegenheit können in dieser Phase neben offenen Fragestellungen mitunter auch standardisierte Tests oder Fragebögen zur Anwendung kommen.
Zielvereinbarung: Diese Phase überlappt sich teilweise mit den ersten beiden Phasen und kann im späteren Therapieverlauf aktualisiert werden. Bei der Zielvereinbarung geht es um eine gemeinsame Festlegung dessen, woran in der jeweiligen Psychotherapie gearbeitet und was genau erreicht werden soll. Die Therapeut/die Therapeutin achtet üblicherweise darauf, dass die Therapieziele möglichst positiv formuliert sind und das enthalten, wohin man will (=Annäherungsziele) und nicht das, was man weg haben möchte (=Vermeidungsziele).
Durchführung verschiedener therapeutischer Methoden: Wenn Grundlegendes geklärt und die Ziele festgelegt sind, beginnt der/die Therapeut/in mit der Durchführung der für den/die jeweilige/n Klienten/in individuell festgelegten Behandlungsschritte beziehungsweise therapeutischen Methoden. Das bedeutet, dass jede Psychotherapie zwar auf evidenzbasierten therapeutischen Interventionen beruht, in ihrer individuellen Ausgestaltung allerdings so unterschiedlich sein kann wie die Menschen, die sie in Anspruch nehmen. Ob im konkreten Fall kognitive Strategien wie z. B. die Arbeit an ungünstigen Denkmustern oder das Erlernen einer Beobachterperspektive, emotionsbasierte Interventionen wie die Arbeit an der Emotionsregulation, Konfrontationsverfahren zur Angstbewältigung oder Aufarbeitung eines Traumas, Imaginationsübungen oder eine andere der umfangreichen Therapiemethoden zum Einsatz kommen, entscheidet der Therapeut auf Grundlage der Ergebnisse aus den vorangegangenen Phasen.
Evaluierung des Therapiefortschritts: Diese Phase findet laufend zur vorangehenden Phase statt und dient der Überprüfung der Effektivität der jeweiligen Therapiemethoden und der Klärung, wieweit diese bereits zur Annäherung an die jeweiligen Therapieziele beigetragen haben.
Rückfallprophylaxe: Diese Phase kommt nur optional und zumeist am Ende eines psychotherapeutischen Prozesses vor. Sie soll einer Verschlechterung beziehungsweise einem Rückfall nach Beendigung der Psychotherapie vorbeugen.